Südkorea: Datenzentrum-Brand legt Regierung lahm

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Lisa Ernst · 28.09.2025 · Technik · 4 min

Ein Brand in einem Batterieraum des nationalen Rechenzentrums in Daejeon, Südkorea, legte Hunderte digitale Staatsdienste lahm. Das Ereignis, ausgelöst durch die Explosion einer Lithium-Ionen-Batterie, wirft Fragen zur Ausfallsicherheit und Redundanz kritischer Infrastrukturen auf.

Zusammenfassung des Vorfalls

Am Freitagabend, dem 26. September 2025 (KST), brach im nationalen Rechenzentrum des National Information Resources Service (NIRS) in Daejeon ein Großbrand aus. Ursache war die Explosion einer Lithium-Ionen-Batterie in einem Datenverarbeitungsraum. Das NIRS ist das zentrale IT-Rückgrat der südkoreanischen Regierung und hostet Cloud-Server und Netze für Hunderte von Verwaltungs- und Fachverfahren, darunter Ausweis- und Passdienste, Zahlungen und Behördenportale. Der Brand führte zum Ausfall von 647 Regierungs-Systemen, darunter 436 öffentliche Onlinedienste und 211 interne Netze. Rund 100 Personen wurden evakuiert, eine Person erlitt leichte Verletzungen. Die Löscharbeiten wurden durch die starke Hitzeentwicklung im fensterlosen IT-Geschoss erschwert, was das Herunterfahren von Servern erforderlich machte. Bis zum Wochenende konnten 551 von 647 betroffenen Systemen schrittweise neu gestartet werden, während 96 Systeme direkte Schäden aufwiesen. Präsident Lee Jae Myung kündigte verbesserte Sicherheits- und Redundanzmaßnahmen an und kritisierte fehlende Notfallpläne. Ziel ist eine „Dual-System“-Architektur für kritische Verfahren.

Technische Analyse

Die unmittelbare Stromversorgung in Rechenzentren wird durch sogenannte USV-Systeme (Uninterruptible Power Supply) gesichert. Moderne USV-Systeme nutzen oft Lithium-Ionen-Batterien, die kompakt und energiedicht sind. Bei Defekten oder Überhitzung besteht jedoch die Gefahr eines Ketteneffekts, bekannt als Thermal Runaway, der Flammen und toxische Gase freisetzen kann. Normen wie NFPA 855 regeln die Aufstellung, Trennung und Energiegrenzen solcher Batterieräume, um Brandlast und Ausbreitung zu begrenzen. Fachbeiträge aus dem Rechenzentrumsumfeld weisen seit Jahren auf die Notwendigkeit neuer Schutzkonzepte für Lithium-Ionen-Batterien hin, von Frühwarnsensorik bis zur Raumsegmentierung. Berichte über die Anzahl der zerstörten Batteriepacks variieren zwischen 384 und 386. Die genaue technische Ursache der Explosion, ob Fertigungsfehler, Wartungsmängel, BMS-Probleme oder eine Kombination von Faktoren, ist Gegenstand laufender Untersuchungen.

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Der Fachvortrag erklärt die vier Stufen der Thermal-Runaway-Entwicklung und zeigt mögliche Frühwarn- und Schutzmaßnahmen in Batterieräumen auf.

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Das Gespräch liefert eine praxisnahe Einordnung zu Batterie-Codes, Sensorik und Löschkonzepten in Rechenzentren.

Eine brennende Lithium-Ionen-Batterie, die die potenzielle Brandursache im Rechenzentrum darstellt.

Quelle: justrite.com

Eine brennende Lithium-Ionen-Batterie, die die potenzielle Brandursache im Rechenzentrum darstellt.

Kontext und Reaktionen

Der Vorfall ereignete sich in der heiklen Phase vor dem Chuseok-Feiertag, einer Zeit, in der Versand, Zahlungen und Ausweisprozesse besonders stark genutzt werden, was die politische und öffentliche Aufmerksamkeit erhöhte. Die Konzentration vieler Schlüsselsysteme an einem Ort erhöhte die Störanfälligkeit; die Regierung räumte ein, dass die Bündelung die Lage verschlimmerte. Dieser Fall erinnert an den Kakao-Ausfall im Jahr 2022, bei dem ein Batterieraumbrand im SK C&C Datacenter landesweit Dienste lahmlegte und die Debatte um Lithium-Ionen-Risiken in Rechenzentren verstärkte. International mehren sich Berichte über Vorfälle an USV-Anlagen unter hoher Last, was die Branche zu besseren Schutz- und Frühwarnkonzepten drängt. Die Ermittlungen zum genauen Auslöser in Daejeon laufen; ein Zusammenhang mit Komponenten von LG Energy Solution wird geprüft, wobei das Unternehmen sich aufgrund der laufenden Untersuchungen nicht äußert. Präsident Lee forderte mehr Sicherheit, Budgets und ein redundantes Dualsystem für die Verwaltungs-IT und kritisierte fehlende Notfallpläne. Der Premierminister entschuldigte sich öffentlich und kündigte Entlastungen wie Fristverlängerungen an. Die Innenbehörde bestätigte, dass die Bündelung kritischer Systeme an einem Standort die Lage verkomplizierte und veröffentlichte Hinweise zu Ersatzkanälen. Branchenstimmen verweisen auf internationale Vorfälle an USV-Systemen und mahnen realistischere Schutzszenarien unter AI-Lasten an. Es gibt keine Hinweise auf einen Cyberangriff; die Behörden führen den Ausfall auf einen physischen Batterieraum-Brand zurück.

Ein typisches Rechenzentrum, wie es vom Brand in Daejeon betroffen war.

Quelle: hillerfire.com

Ein typisches Rechenzentrum, wie es vom Brand in Daejeon betroffen war.

Auswirkungen und Empfehlungen

Für Bürgerservices bedeutet dies, mit Unterbrechungen und Umleitungen zu rechnen, offizielle Statusseiten und Ersatzportale zu prüfen und die Fristenkommunikation der Ministerien zu beachten. Für IT-Teams ist es entscheidend, Redundanz neu zu denken, insbesondere die Trennung von Batterie- und Serverzonen, physische Segmentierung, Begrenzung der Energiedichte pro Brandabschnitt und die Früherkennung von Gasen und Temperaturanstiegen. NFPA-855-Leitplanken geben konkrete Grenzen vor. Wer Lithium-Ionen-Batterien nutzt, sollte die Schutzstrategie auf kurze USV-Laufzeiten, Lastspitzen und Abschaltlogik abstimmen. Fachbeiträge zeigen, wie Thermal-Runaway-Szenarien frühzeitig erkannt und eingedämmt werden können. Offene Fragen betreffen die genaue Auslöserkette, die regulatorischen Konsequenzen für Batterieraum-Design und Redundanzpflicht sowie die Geschwindigkeit, mit der direkt beschädigte Systeme ersetzt und Datenintegrität geprüft werden können. Ein einzelner Batterieraum darf nicht zum Single Point of Failure für einen digitalen Staat werden. Der Vorfall in Daejeon unterstreicht, dass physische Resilienz, echte Redundanz über Standorte hinweg und konsequente Batterieraum-Sicherheit keine Luxusoptionen, sondern Grundvoraussetzungen sind – für Verwaltungen ebenso wie für Unternehmen.

Die Zerstörung nach einem Großbrand, wie er auch im Rechenzentrum von Daejeon hätte entstehen können.

Quelle: independent.co.uk

Die Zerstörung nach einem Großbrand, wie er auch im Rechenzentrum von Daejeon hätte entstehen können.

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