Yangwang U9 Xtreme: Rekordbruch

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Lisa Ernst · 28.10.2025 · Auto & Mobilität · 5 min

Der elektrische Yangwang U9 Xtreme hat am 14. September 2025 auf dem Hochgeschwindigkeitsoval der ATP Automotive Testing Papenburg in Niedersachsen 496,22 km/h erreicht – ein neuer Spitzenwert für ein Serienfahrzeug. Der Hersteller BYD/Yangwang spricht vom schnellsten Auto der Welt und verweist auf den übertroffenen Bestwert des Bugatti Chiron Super Sport 300+ (490,484 km/h) aus dem Jahr 2019. Was steckt technisch dahinter – und was ist offiziell wirklich belegt?

Einleitung

Der elektrische Yangwang U9 Xtreme hat am 14. September 2025 auf dem Hochgeschwindigkeitsoval der ATP Automotive Testing Papenburg in Niedersachsen 496,22 km/h erreicht. Dies stellt einen neuen Spitzenwert für ein Serienfahrzeug dar. Der Hersteller BYD/Yangwang bezeichnet ihn als das schnellste Auto der Welt und verweist auf den übertroffenen Bestwert des Bugatti Chiron Super Sport 300+ (490,484 km/h) aus dem Jahr 2019. Dieser Artikel beleuchtet die technischen Hintergründe und die offizielle Belegbarkeit des Rekords.

Hintergrund

Beim Titel „schnellstes Serienauto“ geht es um die höchste gemessene Endgeschwindigkeit eines in Klein- oder Großserie gebauten Fahrzeugs, nicht um Prototypen. In der Rekordszene ist ein Zwei-Richtungen-Durchschnitt (Hin- und Rückfahrt) üblich, um Wind und Streckenneigung auszuschließen. So wurden frühere offizielle Bestmarken anerkannt. Die Tests fanden in Papenburg statt, einer geschlossenen Testanlage mit Hochgeschwindigkeitsoval. Der U9 Xtreme ist eine besonders leistungsstarke Variante des elektrischen U9 mit Vier-Motor-Allradplattform und 1.200-Volt-Architektur. Viele E-Autos kommen ohne Mehrganggetriebe aus, da ihre Elektromotoren einen breiten nutzbaren Drehzahl- und Drehmomentbereich bieten. Die überwältigende Mehrheit nutzt daher ein einstufiges Übersetzungsgetriebe.

Aktueller Stand

Am 8. August 2025 stellte eine U9 Track/Extreme-Variante zunächst einen E-Auto-Spitzenwert von 472,41 km/h in Papenburg auf. Am 14. September 2025 folgte die 496,22-km/h-Fahrt des U9 Xtreme, gesteuert vom deutschen Rennfahrer Marc Basseng. Medienberichte bestätigen Datum, Ort und Fahrer. Das Fahrzeug setzt auf vier Einzelmotoren und eine auf 1.200 Volt hochgerüstete Leistungselektronik. Die Straßenreifen kamen als Semislicks aus einem Entwicklungsprogramm von Giti, dessen Prototypen für 500 km/h ausgelegt wurden. Yangwang nennt zusätzlich eine Nordschleifenzeit von 6:59,157 Minuten. Die Xtreme-Serie ist auf maximal 30 Exemplare limitiert. Zum Vergleich: Bugattis 490,484 km/h von 2019 wurden in einer Einbahn-Messung in Ehra-Lessien erzielt.

Offizielle Bestätigung des Geschwindigkeitsrekords durch ATP Automotive Testing Papenburg.

Quelle: carbuzz.com

Offizielle Bestätigung des Geschwindigkeitsrekords durch ATP Automotive Testing Papenburg.

Analyse

Elektromotoren liefern ihr maximales Drehmoment fast unmittelbar, was die Beschleunigungsphase bis in sehr hohe Geschwindigkeiten begünstigt. Dazu kommen weniger mechanische Verluste im Antriebsstrang und ein insgesamt höherer Wirkungsgrad im Vergleich zu Verbrennern. Die 1.200-Volt-Architektur erleichtert hohe Motor-Drehzahlen und Dauerleistung. Aktive Aerodynamik und Lastverteilung per Vier-Motor-Torque-Vectoring stabilisieren das Fahrzeug bei über 300 mph. Für BYD/Yangwang ist der Rekord zugleich Markenaufbau: Ein chinesischer Hersteller setzt ausgerechnet in Deutschland eine globale Marke, was medial hohe Aufmerksamkeit erzeugt.

Quelle: YouTube

Kurzinterview mit Marc Basseng zur Rekordfahrt; liefert Fahreindrücke und Technik-Details aus erster Hand.

Fakten und offene Fragen

Belegt sind die gemessenen 496,22 km/h am 14.09.2025 in Papenburg, die Fahrzeugvariante U9 Xtreme und der Fahrer Marc Basseng. Belegt ist auch, dass der Bugatti-Chiron-Wert von 2019 490,484 km/h betrug. Unklar ist der Status „offiziell schnellstes Serienauto“ im strengen Sinn einer Zwei-Richtungen-Messung. BYD/Yangwang und Bugatti veröffentlichten jeweils Spitzenwerte aus einer Fahrtrichtung; die in der Szene übliche Anerkennung verlangt eigentlich den gegenläufigen Durchschnitt. Falsch oder irreführend ist die Annahme, dass E-Autos bei 300+ km/h „leise“ sind und dies die Konzentration prinzipiell erleichtert. Oberhalb von ca. 30–50 km/h dominiert nach Studien der Reifen-Fahrbahn-Kontakt das Geräuschgeschehen – unabhängig vom Antrieb.

Das Team feiert den bahnbrechenden Erfolg des Yangwang U9 Xtreme.

Quelle: speedheads.de

Das Team feiert den bahnbrechenden Erfolg des Yangwang U9 Xtreme.

Automagazine wie Top Gear und Car and Driver sprechen von einem „neuen Produktionsrekord“ und heben die Rolle des Fahrers sowie die Reserven des Fahrzeugs hervor; Basseng meinte, er hätte „noch eineinhalb Sekunden auf dem Gas bleiben können“. Andere Stimmen erinnern daran, dass die am strengsten geprüften Bestmarken aus Zwei-Richtungen-Messungen stammen – wie zuvor bei Koenigsegg oder SSC.

Für die Technik zeigt der Rekord: E-Antriebe sind nicht nur beim Sprint stark, sondern können – mit Hochvolt-System, Thermomanagement und geeigneten Reifen – auch absolute Topspeed-Domänen erobern. Für die Einordnung helfen drei Punkte: Prüfe, ob der Wert als Zwei-Richtungen-Durchschnitt gemessen wurde; ob eine unabhängige Stelle (z. B. TÜV/SGS) an Bord war; und ob identische Fahrzeug- und Reifenspezifikationen für die Serie gelten. Wer tiefer einsteigen will, findet die technischen Plattforminfos direkt beim Hersteller.

Quelle: YouTube

Einordnung: Bugattis 300-mph-Fahrt von 2019 – nützlich zum Vergleich der Messmethodik und Rahmenbedingungen.

Offene Fragen bleiben: Wird der 496,22-km/h-Wert noch als Zwei-Richtungen-Durchschnitt offiziell bestätigt – und wenn ja, von wem? Eine formal unabhängige Zertifizierung wurde bislang nicht veröffentlicht. Wie viele der maximal 30 U9 Xtreme werden tatsächlich gebaut und in identischer Spezifikation ausgeliefert? Welche Reifenfreigaben und Aerodynamik-Setups gelten für Kund:innen auf abgesperrten Strecken – und mit welchen Wartungsintervallen?

Fazit

Als technischer Meilenstein ist der U9 Xtreme beeindruckend: 496,22 km/h auf einer deutschen Teststrecke, realisiert durch Hochvolt-E-Antrieb, Viermotor-Torque-Vectoring, Aerodynamik und speziell entwickelte Semislicks. Für das Etikett „schnellstes Serienauto der Welt“ bleibt jedoch entscheidend, ob eine Zwei-Richtungen-Bestätigung folgt. Bis dahin zeigt der Rekord vor allem eines: E-Autos haben die absolute Geschwindigkeitskrone nicht nur erreicht, sondern definieren, wie sie künftig erobert wird.

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